ÜBER DIE SCHULTER GESCHAUT – FLECHTSCHUH PANAMA

Wie viele Lederriemen brauchen wir, um unseren Maßschuh Panama zu machen? Genau einen. Der ist allerdings etwa acht bis neun Meter lang. Die Länge ermitteln wir nach den Maßen, die wir am Fuß aufnehmen. Länge, Ballenmaß, Spannmaß, Fersenmaß – es gehört einige Erfahrung dazu, und wir müssen sehr genau arbeiten.

Erst dann können wir mit den nächsten Arbeitsschritten beginnen. Damit wir den Flechtschuh formen können, brauchen wir Leisten, wie sie auch ein Maßschuhmacher benutzt.

Leistenbau mit dem Abdruck: Maße und Form müssen stimmen.

Der Leisten aus stabilem Vollholz ist ein Abbild des Fußes. Dafür müssen wir ihn modellieren, mit der Holzraspel, wenn etwas wegzunehmen ist, oder mit aufgesetzten Lederflecken, wenn wir etwas mehr Volumen benötigen. Unverzichtbar und immer dabei ist das Maßband.

Wenn der Leisten fertig ist, wird die Brandsohle vorbereitet. Sie bleibt ein klein wenig größer als es am Ende nötig ist, die endgültige Kontur bekommt der gesamte Sohlenaufbau erst zum Schluss an der Schleifmaschine. Jetzt stanzen wir erst einmal die Löcher, durch die wir beim Flechten den Riemen ziehen.

Brandsohle beim Stanzen
Ausschneiden des Riemens

Wir schneiden den Riemen aus einer einzigen Haut, damit der Narben und die Färbung hinterher einheitlich ist. Damit wir die nötige Länge erreichen, schneiden wir kreisförmig, runden dann die Kanten ab, färben den Riemen und fetten ihn ein. Die genaue Länge und Breite bestimmen wir nach der Schuhgröße.

An der Ferse haben wir scheinbar widersprüchliche Anforderungen. Sie muss guten Halt geben und in Form bleiben, gleichzeitig soll sie bequem sein, es darf nichts scheuern. Weil wir den Riemen viele Male durch das Fersenleder flechten müssen, muss es ausreichend groß sein. Wir formen es passend, schneiden die Löcher für ein schönes Flechtmuster und schärfen es am Rand aus, damit es an den richtigen Stellen nachgeben kann. Die Kante des Fersenleders wird mit einer Holzrolle sorgfältig geglättet.

Vorbereitung der Fersenkappe
Locker eingeflochtenen Schuh

Mit ein paar Stiften fixieren wir die Brandsohle am Leisten und ziehen dann den Riemen locker in die vorgestanzten Löcher ein. Damit ist das Flechtwerk über dem Leisten, also der Schaft, komplett, aber noch nicht in Form gebracht.

Wir ziehen den Riemen jetzt vom Anfang bis zum Ende nach, bis er gut am Leisten anliegt. Dabei wird der Schaft dicht und dreidimensional geformt. Dafür brauchen wir nicht nur große Sorgfalt, sondern auch einiges an Kraft, weil der Riemen nicht leicht durch das immer festere Flechtwerk läuft. Das sorgt aber andererseits auch dafür, dass der Schaft später seine Form gut hält.

Das Nachziehen: nun sieht man den Schuh in Form.
Das Stuppen: die geklebten Sohlen werden angedruckt.

Der nächste Arbeitsschritt: die Zwischensohle. Wir kleben sie auf die Brandsohle auf und decken damit auch die Schlaufen des Riemens ab. Wie bei jeder Klebung, die besonders gut halten soll, brauchen wir dabei etwas Druck. Mit dem Stupper drücken wir Brandsohle und Mittelsohle ringsherum am Rand kräftig zusammen – das hält! Auch die Rillen, die beim Stuppen entstehen. Warum wir überhaupt kleben, wenn später noch eine Naht kommt? Ganz einfach. Brandsohle und Mittelsohle sollen sich nicht gegeneinander bewegen, wenn der Fuß beim Gehen abrollt. Man würde es spüren und auch hören: Es knarzt, wenn die Sohlen nicht verklebt sind.

Die zwei Schichten der Sohle werden nun mit unserer alten Doppelmaschine zusammengenäht. Sie heißt so, weil man die Verbindung von Brand- und Mittelsohle so nennt: Doppeln. Auf der Unterseite der Zwischensohle wird der Faden versenkt und damit gegen Durchscheuern geschützt. Und wenn wir später einmal die Laufsohle erneuern, bleibt der Faden auch heil. Reparieren und Instandhalten gehört zum Konzept. Heute nennt man das „Nachhaltigkeit“. Wir machen es schon immer.

Das Doppeln: Die Sohlen werden zusammengenäht.
Der Schuh wird sorgfältig geschliffen und poliert.

Finish an der Ausputzmaschine. Die Laufsohle ist aufgeklebt, der Absatz ist aufgebaut. Die Laufsohle ist aus Gummi oder EVA, ganz nach Wunsch. Gummi macht den Sohlenaufbau etwas steifer und ist sehr abriebfest, EVA dämpft den Schritt ein wenig mehr und ist dabei leichter – es ist eine Frage der persönlichen Vorlieben. An der Maschine wird der gesamte Sohlenaufbau samt Absatz in Form geschliffen und poliert.

 

Noch einmal ein kleiner Kraftaufwand. Der Leisten wird mit dem Leistenhaken aus dem Schuh herausgezogen. Er sitzt sehr stramm im Schaft, und das muss er auch: Schließlich hat er dem Schuh seine Form gegeben, wir legen das Flechtwerk sehr eng und exakt an die Kontur. Also letztlich an die Kontur des Fußes, die wir am Anfang ausgemessen haben. Das macht eben einen Maßschuh aus.

Beim Ausleisten

Ein Paar Maßschuhe ist fertig. Man erkennt die Qualität, aber nicht unbedingt den Zeitaufwand und die aufwendige Handarbeit, die wir in dieses Paar gesteckt haben. Wie sorgfältig wir tatsächlich gearbeitet haben, zeigt sich bei der Anprobe. Und beim Tragen über viele Jahre.

Das fertige Paar
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